Vorkaufsrecht an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten



Wenn Sie ein Grundstück oder grundstücksgleiches Recht, wie etwa ein Wohnungseigentum oder ein Erbbaurecht, verkaufen oder kaufen wollen, kann es vorkommen, dass trotz des rechtswirksamen Abschlusses des Kaufvertrages mit Ihrem Vertragspartner dieser erste Kaufvertrag nicht durchgeführt wird, weil einem Berechtigten ein sogenanntes „Vorkaufsrecht“ an dem Kaufvertragsobjekt zusteht. Das Vorkaufsrecht berechtigt seinen Inhaber, mit dem Verkäufer einen (weiteren) Kaufvertrag abzuschließen, der neben dem Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Erstkäufer steht. Zu der Frage, was das Bestehen eines Vorkaufsrechts für Sie als Vertragsbeteiligten bedeutet und wie Sie Nachteile in diesem Zusammenhang vermeiden können, enthält dieser Beitrag einige Hinweise.

Wie entsteht das Vorkaufsrecht?

Vorkaufsrechte bestehen entweder aufgrund Gesetzes oder aufgrund privater Vereinbarungen. Beispielhaft sind zu nennen:

  • Öffentlich-rechtliche Vorkaufsrechte der Gemeinde oder anderer staatlicher Institutionen: bestehen allgemein nach dem Baugesetzbuch oder anderen Gesetzen (beispielsweise im Naturschutzrecht oder aufgrund von Denkmalschutz) in Bezug auf Grundstücke, nicht jedoch beim Kauf von Wohnungseigentum oder Erbbaurechten. Das gesetzliche Vorkaufsrecht ermöglicht es dem berechtigten Hoheitsträger sicherzustellen, dass ein bestimmter Verwendungszweck des Grundstücks tatsächlich erreicht wird, beispielsweise im Hinblick auf Bebauungspläne, Sanierungsvorhaben oder Hochwasserschutzmaßnahmen (vgl. z.B. §§ 24 ff. BauGB). Das gemeindliche Vorkaufsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Die Ausübung ist ausgeschlossen beim Verkauf an den Ehegatten und an Verwandte in gerader Linie bzw. in der Seitenlinie bis zum dritten Grad.
  • Gesetzliches Vorkaufsrecht des Mieters: Der Mieter hat, wenn nach Überlassung des Wohnraums Wohnungseigentum an der von ihm bewohnten Wohnung begründet worden ist oder begründet werden soll, ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Dies gilt nicht, wenn der Vermieter die Wohnräume an einen Familienangehörigen oder an einen Angehörigen seines Haushalts verkauft (vgl. § 577 BGB).
  • Vertragliches Vorkaufsrecht: Zwei oder mehrere Beteiligte können jederzeit ein Vorkaufsrecht vertraglich vereinbaren mit schuldrechtlicher Wirkung (vgl. §§ 463 ff BGB) oder auch als dingliches, im Grundbuch eingetragenes Vorkaufsrecht (vgl. §§ 1094 ff. BGB). Im Zweifel erstreckt sich das vertragliche Vorkaufsrecht nicht auf einen Verkauf in sogenannter vorweggenommener Erbfolge.

Wie wird das Vorkaufsrecht ausgeübt?

Voraussetzung für die Ausübung eines Vorkaufsrechts ist, dass der Verkäufer einen Kaufvertrag mit einem Dritten (Erstkäufer) geschlossen hat.  Das Vorkaufsrecht übt der Berechtigte durch formlose Erklärung gegenüber dem Verkäufer aus. Ein neuer notarieller Kaufvertrag muss zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer nicht abgeschlossen werden, vielmehr kommt mit Ausübung des Vorkaufsrechts unmittelbar ein weiterer Kaufvertrag zu den Bedingungen des Erstvertrages zwischen dem Vorkaufsberechtigten und Verkäufer zustande. Die Rechtsstellung des Erstkäufers wird durch die Ausübung des Vorkaufsrechts grundsätzlich nicht berührt. Er behält also seinen Anspruch auf Erfüllung des Erstkaufvertrages gegen den Verkäufer. Dieser haftet dem Erstkäufer ggf. wegen Nichterfüllung.

Tipps für Grundstückskäufe

Zunächst sollten Sie sich als Verkäufer oder potenzieller Käufer insbesondere über ein mögliches privatrechtliches Vorkaufsrecht informieren und vorab Kontakt mit dem Vorkaufsberechtigten aufnehmen, um zu klären, ob dieser sein Vorkaufsrecht ausüben oder auf die Ausübung verzichten will. Das schafft Rechtssicherheit auf beiden Seiten.

Im Übrigen sind Sie als Verkäufer verpflichtet, den Vorkaufsberechtigten nach Abschluss des Erstvertrages von dessen gesamten Inhalt, einschließlich des vereinbarten Kaufpreises, unverzüglich zu unterrichten. Der Vorkaufsberechtigte kann sein Vorkaufsrecht nur binnen zwei Monaten nach Empfang der Mitteilung ausüben. Unterbleibt eine Unterrichtung des Vorkaufsberechtigten über den Vertragsinhalt oder erfolgt diese unrichtig oder unvollständig, beginnt auch die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Der Vorkaufsberechtigte kann in diesem Fall ggf. Schadensersatz beanspruchen.

Ihr Notar wird Sie als Verkäufer auf das Bestehen von Vorkaufsrechten hinweisen und mit Ihnen Gestaltungsmöglichkeiten besprechen, beispielsweise den Kaufvertrag mit dem Erstkäufer unter Rücktrittsvorbehalt bzw. auflösender Bedingung zu schließen für den Fall, dass ein Vorkaufsrecht ausgeübt wird. Damit vermeiden Sie eine doppelte Verpflichtung gegenüber dem Erstkäufer und dem Vorkaufsberechtigten. Generell ist zu empfehlen, bei so wichtigen und folgenreichen Vermögensangelegenheiten wie Immobiliengeschäften im Vorfeld eine Beratung durch den Notar oder durch einen im Immobilienrecht tätigen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Das gilt auch, falls Sie selbst ein Vorkaufsrecht erlangen oder einem anderen einräumen wollen. Häufig sind Gestaltungen, die eine Option zum Ankauf eröffnen, dem Vorkaufsrecht vorzuziehen.

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