Due Diligence bei Immobilienerwerben



Dem Erwerb von Bestandsimmobilien, insbesondere von gewerblich genutzten Objekten, sollte eine sorgfältige Prüfung aller erwerbsrelevanten Umstände (Due Diligence) durch den Käufer vorausgehen, um die Ertragsaussichten realistisch beurteilen, Risiken erkennen und den angemessenen Kaufpreis bestimmen zu können. In vielen Bereichen der Immobilien-Due-Diligence spielt die Prüfung, Beurteilung und Gestaltung rechtlicher Fragestellungen und Probleme eine maßgebliche Rolle.
Nachfolgend werden in knapper Form einige der relevanten Gesichtspunkte der rechtlichen Immobilien-Due-Diligence aufgeführt:

Grundstücksbezogene Due Diligence

  • Grundbuchrechtliche Situation: Zu prüfen sind im Wesentlichen die Verfügungsberechtigungen anhand von Grundbuchauszügen, mögliche Zustimmungserfordernisse Dritter, Lasten und Beschränkungen des Grundstücks (ggf. Bestehen von nicht im Grundbuch verzeichneten Rechten), Vorkaufsrechte.
  • Baurechtliche Situation: Hierunter fallen insbesondere die Prüfung des Bebauungsplans und der Baugenehmigung mit möglichen Auflagen und Nutzungsbeschränkungen; zu prüfen sind ferner öffentlich-rechtliche Baulasten und sonstige nachbarrechtliche Beschränkungen.
  • Grundstücksabgaben, Anliegerbeiträge: Bestehen Rückstände an öffentlichen, auf dem Grundbesitz lastenden Abgaben oder von Anlieger- und Erschließungsbeiträgen nach dem BauGB?
  • Beschränkungen aufgrund des Denkmalschutzes?

Vertragsrechtliche Due Diligence

  • Mietverträge: Insbesondere sind die Rechte und Pflichten aus bestehenden Miet-/Pachtverträgen zu prüfen, ferner die Laufzeiten dieser Verträge, insoweit vor allem die Frage der Einhaltung des gesetzlichen Schriftformerfordernisses bei befristeten Vertragslaufzeiten, Optionsmöglichkeiten zur Laufzeitverlängerung, Mietersicherheiten, die Vereinbarungen zu Bestandsmieten und zu den Möglichkeiten ihrer Erhöhung, die Wirksamkeit der Regelungen zur Umlage von Nebenkosten, Kündigungsfristen, Regelungen zu Mietereinbauten und Rückbauverpflichtungen, etc.
  • Versicherungen: Bestand der Gebäudeversicherung, Gewerbefeuerversicherung, Elementarschadenversicherung, Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht; Schadensfälle der letzten Jahre.
  • Analyse sonstiger Verträge, Rechte und Pflichten (beispielsweise sind bei einem Grundstückserwerb im Wege eines sogenannten „Share Deals“ (= Anteilskaufvertrages) auch die gesellschaftsrechtlichen Umstände der Zielgesellschaft zu prüfen).
  • Streitigkeiten, insbesondere Rechtsstreitigkeiten der letzten Jahre?

Bauliche und umweltrechtliche Due Diligence

  • Baulicher Zustand: Gemeinsam mit Architekten oder Gebäudesachverständigen ist der technische Zustand des Gebäudes und der Haustechnik im Detail zu prüfen. Ggf. sind Beschaffenheitsvereinbarungen zum Zustand des Gebäudes und der Anlagen in den Grundstückskaufvertrag aufzunehmen; Mängelhaftungsansprüche sind zu gestalten.
  • Technische Infrastruktureinrichtungen: Liegen die erforderlichen rechtlichen Genehmigungen für alle Anlagen vor?
    Überprüfung von Aufzugs- und Heizungsanlagen, etc. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zur Geräte- und Produktsicherheit.
  • Umweltrisiken: Ggf. Einholung eines Gutachtens zur umweltrechtlichen Situation; Einhaltung der Bestimmungen zu Emissionen, Abwasser, Abfallwirtschaft, Gefahrstoffen; Prüfung der Altlastensituation (ggf. durch Bodengutachten)
  • Ermittlung des Modernisierungsbedarfs; mögliche Urheberrechte des Architekten sind zu beachten.

Finanzielle Due Diligence

  • Immobilienbewertung: Gewerbeimmobilien werden in der Regel nach der Ertragswertmethode bewertet. Zukünftige Zahlungsüberschüsse (Mieterträge abzüglich Kosten) werden dabei auf die Gegenwart abgezinst. Die Chancen zukünftiger Mieterhöhungen (siehe oben) und eines Wiederverkaufs sind zu berücksichtigen, insbesondere bei speziell zur Nutzung durch einen Mieter hergerichteten Immobilien („Spezialimmobilien“).
  • Finanzierung: Kreditverträge mit finanzierenden Instituten sind zu prüfen, insbesondere hinsichtlich Kündigungsklauseln und Sicherheitenvereinbarungen.

Steuerrechtliche Due Diligence

  • Insbesondere Klärung der umsatzsteuerrechtlichen Situation beim Verkäufer: Ggf. Aufnahme einer umsatzsteuerrechtlichen Klausel und Haftungsausschlussklausel zum Schutz des Käufers in den Grundstückskaufvertrag.

Der Erwerb einer (gewerblich genutzten) Bestandsimmobilie ist ein komplexes mit zahlreichen rechtlichen Risiken behaftetes Vorhaben! Die frühzeitige Einschaltung von im Grundstücks-, Vertrags-, Bank- und Steuerrecht sowie ggf. auch im Gesellschaftsrecht spezialisierten Rechtsanwälten zur rechtlichen Begleitung und Gestaltung der Immobilientransaktion ist für eine erfolgreiche Realisierung des Investitionsvorhabens zu empfehlen.

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