Erstattung von lebzeitigen Barabhebungen vom Konto des Erblassers



Das OLG Karlsruhe hat mit Urteil vom 16.05.2017 (Az.: 9 U 167/15) entschieden, dass den Bevollmächtigten, der noch zu Lebzeiten des Erblassers Bargeldbeträge von dessen Konto abgehoben hat und nach dem Tod des Erblassers von dem Erben zur Herausgabe der Beträge in Anspruch genommen wird, die Beweislast dafür trifft, dass er die Gelder auftragsgemäß verwendet hat. Der Bevollmächtigte kann den Beweis durch eine nachvollziehbare und plausible Darlegung der Vorgänge führen.

Dem Streit zweier Geschwister lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mutter hatte ihrer Tochter eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht zur Regelung sämtlicher vermögensrechtlicher Angelegenheiten erteilt. Zum Alleinerben hatte sie ihren Sohn eingesetzt. Die Mutter lebte mehrere Jahre bei der Tochter, bevor sie dann bis zu ihrem Tod in einem Pflegeheim wohnte. Noch zu Lebzeiten der Mutter ließ sich die Tochter vom Bankkonto der Mutter insgesamt 7.100 Euro in verschiedenen Teilbeträgen bar auszahlen. Die Auszahlungen erfolgten teilweise auf Grund von Schecks, welche die Mutter selbst unterschrieben hatte, bei anderen Auszahlungen machte die Tochter von ihrer Vollmacht Gebrauch. Nach dem Tod der Mutter wollte der Bruder nicht glauben, dass die Barabhebungen für die Mutter verwendet worden sind. Seiner Ansicht nach habe die Schwester die Beträge vielmehr zu Unrecht für sich einbehalten. Als eingesetzter Alleinerbe verlangte er sodann die Herausgabe an sich.

Das Gericht verneinte einen Herausgabeanspruch des Bruders gegen seine Schwester und bestätigte im Ergebnis die klageabweisende Entscheidung der Vorinstanz.

Das Gericht war davon überzeugt, dass die Schwester Geldbeträge in Höhe von 5.920 Euro, welche ihr auf Grund der von der Mutter unterschriebenen Schecks ausbezahlt wurden, für sich vereinnahmt und unstreitig für eigene Zwecke verwendet hatte. Auf den Schecks waren jeweils Verwendungszwecke wie „Aufwandsentschädigung“ oder „Pflegegeld“ eingetragen. Zudem legte die Schwester einen handschriftlichen Vertrag vor, nach dem sie von der Mutter für ihre Betreuungs- und Pflegeleistungen eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.000 Euro erhalten sollte. Aus alledem schloss das Gericht, dass die Mutter der Schwester diese Beträge als Gegenleistung für die von ihr erbrachten Betreuungs- und Pflegeleistungen und daher mit Rechtsgrund zugewendet hatte. Da der Bruder nicht beweisen konnte, dass die Auszahlungen nicht von dem Vertrag gedeckt waren, schied ein Anspruch wegen einer ungerechtfertigten Bereicherung aus.

Hinsichtlich weiterer, ohne die Vorlage von Schecks, abgehobenen Beträge in Höhe von insgesamt 800 Euro nahm das Gericht ein Auftragsverhältnis zwischen Mutter und Tochter an. Es stellte klar, dass sich im Rahmen des Auftrags grundsätzlich ein Erstattungsanspruch gemäß § 667 BGB ergeben könne, wenn die Tochter die Beträge auf Grund des Auftragsverhältnisses an die Mutter hätte herausgeben müssen. Dies sei hier grundsätzlich der Fall gewesen. Nach Absprache zwischen Mutter und Tochter seien die Beträge zur Verwendung als Taschengeld für die Mutter bestimmt gewesen. Da der Bruder bestritten hatte, dass die Beträge auftragsgemäß an die Mutter weitergegeben worden sind, hatte die Schwester diesen Umstand zu beweisen.

Mangels anderweitiger Beweise, konnte das Gericht zur Beurteilung des Anspruchs lediglich auf die Anhörung der Schwester abstellen. Im Rahmen dieser Anhörung habe die Schwester nachvollziehbar und plausibel erklärt, dass sie die Beträge stets an die Mutter übergeben habe. Nach Auffassung des Gerichts gab es auch keine konkreten Anhaltspunkte für ein unredliches Verhalten der Tochter. Darüber hinaus hätte sie auch keinen Anlass gehabt, Taschengeld der Mutter für sich „abzuzweigen“, weil sie auf Grund der vertraglichen Vereinbarung jederzeit für sich höhere Gegenleistungen von der Mutter hätte verlangen können. Das bloße Bestreiten der ordnungsgemäßen Verwendung der Geldbeträge durch den Bruder reichte nach Bewertung des Gerichts daher nicht aus, den Herausgabeanspruch gemäß § 667 BGB zu begründen.

Gleiches gelte nach Ansicht des Gerichts hinsichtlich einiger abgehobener Beträge in Höhe von insgesamt 380 Euro, welche die Schwester während des Heimaufenthaltes zur Bezahlung bestimmter Aufwendungen für die Mutter (z.B. Kleidung, Medikamente) verwendete. Die ordnungsgemäße Verwendung habe sie auch insoweit plausibel dargelegt.

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