Arglistiges Verschweigen eines Rechtsmangels führt zur Unwirksamkeit des vertraglichen Haftungsausschlusses; Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss ist insoweit unerheblich



Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 14.09.2018 (Az. V ZR 165/17) entschieden, dass die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung einen Rechtsmangel darstellt. Zudem kann sich der Verkäufer auch dann nicht auf einen vertraglichen Mängelgewährleistungsausschluss berufen, wenn sein arglistiges Verschweigen eines (Rechts-)Mangels für den Kaufentschluss nicht ursächlich war.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hieß es in dem notariellen Kaufvertrag über eine Wohnung u.a.: „Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich.“ Bei der Wohnung handelte es sich um öffentlich geförderten Wohnraum, wofür Mieter einen Berechtigungsschein benötigten. Der Käufer behauptete, dass die Verkäuferin ihn über diesen Umstand nicht aufgeklärt habe und verlangte im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags.

Der BGH bestätigt in dem Urteil seine ständige Rechtsprechung, wonach die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung einen Rechtsmangel i.S.v. § 435 S. 1 BGB darstelle. Durch die Sozialbindung werde der Eigentümer in seinen rechtlichen Befugnissen eingeschränkt, sowohl was die Eigennutzung als auch was die Fremdnutzung angeht.

Es ist zunächst eine Tatsachenfrage, ob die Parteien mit ihrer vertraglichen Vereinbarung auch die Haftung für Rechtsmängel ausschließen wollten. Ist dies der Fall, kann sich die Verkäuferin aber nach § 444 BGB nicht auf den Haftungsausschluss berufen, wenn sie dem Käufer den in der Sozialbindung liegenden Sachmangel arglistig verschwiegen hat. Nach Ansicht des BGH gilt das auch dann, wenn sich das arglistige Verschweigen auf einen Rechtsmangel bezieht. Zudem ist die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss im Rahmen von § 444 BGB unerheblich. Diese Vorschrift soll den Käufer allein vor einer unredlichen Freizeichnung des Verkäufers von der Mängelhaftung schützen. Eine solche unredliche Freizeichnung ist gegeben, wenn der Verkäufer arglistig handelt. Weitere Voraussetzungen enthält die Vorschrift nicht.

Da in den Vorinstanzen entsprechende Feststellungen nicht getroffen worden sind, wird das Berufungsgericht nach Zurückweisung der Sache nunmehr zu klären haben, ob der vertragliche Gewährleistungsausschluss auch Rechtsmängel umfassen sollte. Bejaht das Gericht diese Frage, wird es sodann auf die Frage ankommen, ob die Verkäuferin bei Vertragsschluss Kenntnis von der Sozialbindung gehabt hat. Der BGH stellte insoweit klar, dass die aus der etwaigen Kenntnis resultierende Aufklärungspflicht nicht deswegen entfallen ist, weil der Käufer die Wohnung vor Vertragsschluss nicht besichtigt hat. Denn die rechtlichen Verhältnisse einer Wohnung sind einer Besichtigung nicht zugänglich und für den Käufer nicht ohne weiteres zu erkennen. Der Käufer kann daher insoweit eine Aufklärung erwarten.

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