Mängelgewährleistung beim Rechtskauf nach § 453 BGB (hier: Kauf von Gesellschaftsanteilen)



Bei einem Kauf von Mitgliedschaftsrechten an einer GmbH sind im Fall von Mängeln des von der GmbH betriebenen Unternehmens die Gewährleistungsrechte der §§ 434 ff. BGB anzuwenden, wenn sich der Anteilskauf sowohl nach der Vorstellung der Vertragsparteien als auch objektiv bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Kauf des Unternehmens selbst darstellt. Dies ist der Fall, wenn Gegenstand des Kaufvertrags der Erwerb sämtlicher oder nahezu sämtlicher Geschäftsanteile ist. (BGH, Urteil vom 26.09.2018 – VIII ZR 187/17).

In dem vom BGH entschiedenen Fall waren die Klägerin und die Beklagte zunächst jeweils zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Die Beklagte veräußerte ihre Anteile an die Klägerin. Im Kaufvertrag wurden die gesetzlichen Mängelhaftungsansprüche ausgeschlossen. Wegen einer vermeintlich falschen Bewertung des Unternehmens verlangte die Klägerin von der Beklagten die Rückerstattung des gezahlten Kaufpreises. Sie stützte ihre Klage auf Ansprüche auf Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Nach Ansicht der Instanzgerichte seien die geltend gemachten Ansprüche entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BGH nach Sachmängelhaftungsrecht und nicht nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage zu beurteilen gewesen.

Der Kauf von Geschäftsanteilen an einer GmbH ist nach Ansicht des BGH ein Rechtskauf gemäß § 453 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Im Ausgangspunkt führt der BGH in dem Urteil seine ständige Rechtsprechung aus der Zeit vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (01. Januar 2002) fort. Danach sind bei Mängeln des von der GmbH betriebenen Unternehmens die Sachmängelhaftungsansprüche der §§ 434 ff. BGB anzuwenden, wenn sich der Anteilskauf sowohl nach der Vorstellung der Vertragsparteien als auch objektiv bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Kauf des Unternehmens selbst und damit als Sachkauf darstellt. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn Gegenstand des Kaufvertrags der Erwerb sämtlicher oder nahezu sämtlicher Geschäftsanteile ist.

Diese Rechtsprechungsgrundsätze seien auf das nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes geltende Kaufrecht zu übertragen. Zwar sieht das Gesetz in § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Kauf von Sachen auch für den Kauf sonstiger Gegenstände – worunter auch der Kauf von Unternehmen und Unternehmensteilen fällt – vor. Der Anteilskäufer erwirbt jedoch kein unmittelbares Recht an dem von der GmbH betriebenen Unternehmen und den von diesem gehaltenen Sachwerten. Er kann vielmehr nur im Rahmen der ihm durch Gesetz und Satzung eingeräumten Befugnisse als Gesellschafter Einfluss nehmen. Eine Haftung auch für Mängel des Unternehmens selbst sei aber weiterhin sach- und interessengerecht, wenn im Grunde das „gesamte“ Unternehmen verkauft wird. Denn handele es sich bei dem betreffenden Anteilskauf faktisch um einen Kauf des „ganzen“ Gesellschaftsvermögens, stelle dies wirtschaftlich betrachtet einen Sachkauf dar.

Im entschiedenen Fall verneinte der BGH nach diesen Grundsätzen die Anwendung der Sachmängelhaftung, da die Klägerin (Käuferin) lediglich einen Anspruch auf Übertragung der Hälfte der Geschäftsanteile hatte. Unter derartigen Umständen fehle es nach der Parteivorstellung und der Verkehrsanschauung an einem auf den Erwerb des Unternehmens insgesamt gerichteten Ziel des Vertrags. Es komme nicht darauf an, ob der Käufer zum Zeitpunkt des Kaufs bereits (weitere) Anteile an der Gesellschaft hält und aufgrund dessen im Ergebnis die alleinige Verfügungsbefugnis über das betreffende Unternehmen erhält. Der allein maßgebliche Anknüpfungspunkt sei der jeweilige Kaufgegenstand.

Die Sache wurde an das Berufungsgericht (OLG) zurückverwiesen. Dieses muss nunmehr unter Berücksichtigung der Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage erneut über die Klage entscheiden.

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