Einzahlung in die Kapitalrücklage zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme stellt nachträgliche Anschaffungskosten für GmbH-Geschäftsanteile dar



Im vergangenen Jahr berichteten wir über ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11.07.2017 (Az.: IX R 36/15). Danach stellen Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen (im entschiedenen Fall: Inanspruchnahme aus Gesellschafterbürgschaften) nach der Aufhebung des Eigenkapitalrechts keine nachträglichen Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 EstG mehr dar.

Der BFH hat nunmehr mit Urteil vom 20.07.2018 (Az.: IX R 5/15) entschieden, dass Aufwendungen des Gesellschafters aus einer Einzahlung in die Kapitalrücklage zur Vermeidung einer Bürgschaftsinanspruchnahme zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung führen.

Im entschiedenen Fall war der Kläger Gesellschafter einer GmbH. Im Jahr 1999 übernahm er eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber einer Bank. Im Jahr 2010 leistete der Kläger Zuführungen in die Kapitalrücklage der GmbH, um eine ansonsten drohende Liquidation der Gesellschaft zu vermeiden. Ende 2010 nahm die GmbH Zahlungen an die Bank vor, mit denen sie u.a. die verbürgten Verbindlichkeiten bediente. In seiner Einkommenssteuererklärung für 2010 machte der Kläger seine Einzahlung in die Kapitalrücklage als nachträgliche Anschaffungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung dieser Aufwendungen ab

Der BFH gab dem Kläger Recht. Bei der – freiwilligen und ohne Gewährung von Vorzügen seitens der Kapitalgesellschaft erbrachten – Einzahlung eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage handele es sich steuerrechtlich um eine Einlage des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen. Hierdurch erhöhen sich auch die Anschaffungskosten des Gesellschafters für seine Beteiligung.

Dem stehe nach Ansicht des Gerichts auch nicht der Umstand entgegen, dass die der Kapitalrücklage zugeführten Mittel von der GmbH dazu verwendet wurden, eigene (betriebliche) Verbindlichkeiten abzulösen, für die der Kläger gegenüber der Bank Sicherheiten gewährt hatte. Denn es spiele insoweit keine Rolle, wie die GmbH den vom Gesellschafter eingezahlten Betrag verwendet. Die Kapitalrücklage ist Bestandteil des Eigenkapitals der Gesellschaft. Das Eigenkapital steht allein der Gesellschaft (und nicht dem Gesellschafter) zu. Der Gesellschafter kann einen Einlagebetrag, den die Gesellschaft im Rahmen eines rein gesellschaftsinternen Vorgangs in die Kapitalrücklage eingestellt hat, weder nutzen noch verwerten. Vor diesem Hintergrund sei es steuerrechtlich auch nicht von Bedeutung, wie die Gesellschaft den vom Gesellschafter eingezahlten Betrag verwendet.

Der BFH stellt klar, dass in dieser Handhabung auch kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S.d. § 42 Abs. 1 S. 1 AO liegt. Durch die Einzahlung in das Gesellschaftsvermögen hat der Kläger der GmbH ermöglicht, ihre (betrieblichen) Verbindlichkeiten abzulösen. Dieses vom Gesellschaftsrecht auch so vorgesehene Vorgehen widerspreche nicht den Werten des Rechts; es entspreche ihnen.

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